Regie: Angela Jakowitsch, Stefanie Oberhoff und Wolfgang Kammer
Unfassbar, was der englische Landpfarrer Laurence Sterne mit seinem Roman „Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman“ vor 250 Jahren der begeisterten literarischen Öffentlichkeit vorgelegt hat! Konzipiert als Autobiografie kommt dieses riesige Werk auf 800 Seiten über die ersten drei Lebensjahre der Titelfigur kaum hinaus. Mit Abschweifungen, Unterbrechungen, geschwärzten Seiten, versprochenen, aber nicht gelieferten Kapiteln sowie kleinen Sticheleien und Unanständigkeiten zieht der Erzähler seinen Leser lustvoll an der Nase herum. Inhaltlich ist dieser Roman ein großes Spottlied auf allen Berechnungs- und Planungsglauben, der seit der Aufklärung das Abendland beherrscht: Obwohl oder besser, weil Tristrams Vater alles zu optimieren versucht, gerät das Leben seines Sohnes, und zwar schon von der Zeugung ab, zu einer einzigen Pannenserie. Aber auch in der schrägen Liebesgeschichte zwischen dem herzensguten Onkel Toby und der Nachbarin spielen Unfälle eine große Rolle.
Wer Absurdes und englischen Humor liebt, für den ist dieser Klassiker der Weltliteratur ein grandioser Spaß. Und dem Figurenspieler Wolfgang Kammer liefert er eine geniale Vorlage für einen äußerst unterhaltsamen und gleichzeitig tiefgründigen Theaterabend.
Pressekommentar:
Aus Kammers präzisem, augenzwinkerndem Spiel spricht Bewunderung für den humoristischen Roman. Das Figurentheater habe Ähnlichkeit mit der shandyistischen Tollpatschigkeit und Erzählweise, sagt Kammer. Mit Sprüngen vom Ich-Erzähler zur Figur veralbert er im Sinne Sternes das Hohelied auf Planungen und Systematiken.
(Schorndorfer Nachrichten, 18.12.2017)